Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht!

Klimakrise, Kriege, Folter, Femizide, Hungersnöte - alles schreckliche und absolut nachvollziehbare Gründe zu fliehen und an anderen Orten der Welt Schutz zu suchen. Zum Beispiel in Europa, das sich per Gründung Solidarität und Zusammenhalt auf die Fahnen schreibt. Solidarisches Handeln der EU sieht jedoch anders aus als mensch denkt.

Fast 27.000 Todesopfer seit 2014 auf dem Mittelmeer. Dunkelziffer ungewiss. In unzähligen Lagern an den Außengrenzen leben schutzsuchende Menschen unter haftähnlichen Bedingungen und ohne wirklichen Zugang zu Rechtsbeiständen. Manche Grenzregionen sind jetzt schon so dermaßen abgeschottet und hochmilitarisiert, dass kaum jemand die illegalen Pushbacks von schutzsuchenden Menschen oder die unterlassenen Hilfeleistungen bei Booten in Seenot mitbekommt. Selbst wenn jemand davon Kenntnis erlangt, ändert sich kaum etwas. Denn die Verantwortlichen für die vielen rechtswidrigen Pushbacks, gewaltsamen Übergriffe und Todesopfer bleiben bisher straflos. Personen, die illegal zurückgewiesen wurden, haben so gut wie keine Möglichkeit diesen Rechtsbruch rückgängig zu machen. Die Situation an europäischen Grenzen hat sich zu einem Zustand der Rechtlosigkeit entwickelt.

Wenn Rechtsbrüche zu Recht werden!

Vor rund einem Monat hat die EU sich dazu entschlossen, dem ohnehin schon rechtlosen Zustand von flüchtenden Menschen an den EU-Grenzen einen gesetzlichen Rahmen zu geben. Was 1993 auf nationaler Ebene in Deutschland geschah, soll nun europaweit weitergeführt werden: die fortwährende Abschaffung des Rechts auf Asyl.

Die bisherigen Pläne über eine Reform des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS)“sehen monatelange Inhaftierung, Grenzverfahren mit vermindertem Rechtsschutz und Zurückschiebung in vermeintlich sichere Drittstaaten vor. Kurz nach dem GEAS-Beschluss präsentierten EU-Minister*innen neue Pläne zu der 2022 verschobenen „Instrumentalisierungsverordnung“. Im Falle einer Krise, Instrumentalisierung von Geflüchteten oder höheren Gewalt, schränkt die EU die Rechte Schutzsuchender weiter ein. Wenn Staaten also Geflüchtete als Druckmittel und Waffe für politische und militärische Ziele einsetzen, wie beispielsweise 2021 an der polnisch-belarussischen Grenze, sollen Grenzübergänge geschlossen und Menschen über Monate inhaftiert werden können. Gewalt, Rechtsbrüche und Entmenschlichung stehen für die Ordnung, die an europäischen Grenzen herrscht.

Diktatoren als Partner Europas!

Apropos Instrumentalisierung. Die Pakte und Verträge mit Libyen und der Türkei haben eines gezeigt: weitere Folterknäste in Libyen, steigende Todesopfer und zehntausende Menschen, denen die Türkei und die EU Grundrechte vorenthalten und sie als Spielball ihrer (geo-) politischen und wirtschaftlichen Interessen benutzen. Der Türkei-EU Deal gilt nicht nur als gescheitert, sondern hat Zehntausende von Schutzsuchenden im Orbit der Lager auf griechischen Inseln, die weder ein noch aus können, produziert. Unter dem Deckmantel Menschenleben retten zu wollen, schmiedet die EU mit autokratischen Staaten  einen blutigen Vertrag nach dem anderen. Obwohl der tunesische Staat unter dem Diktatorischen Staatsoberhaupt Kais Saied mit massiver Gewalt gegen Geflüchtete vorgeht und schutzsuchende Menschen zum Teil ohne Wasser in der Wüste aussetzt, bietet die EU hundertmillionenschwere Finanzhilfen, um in Zukunft noch mehr Geflüchtete abzuwehren. Als maßgeblicher Motor des EU-Tunesien Deals gilt die rechtsextreme italienische Ministerpräsidentin Georgia Meloni.


Die jahrelange Militarisierung der europäischen Außengrenzen durch "Grenzschutzagenturen" wie Frontex, der Zusammenarbeit der EU mit dem Regime in Libyen und dessen mörderischer „Küstenwache“ oder mit Diktatoren wie Erdoğan, führte zu immer lebensgefährlicheren Fluchtrouten. Das Interesse Menschen fernzuhalten ist größer, als an Grund- und Menschenrechten zu festzuhalten. Shame on you Europa!

Menschen an den EU-Grenzen sollen nun rechtlich legitimiert, rechtlos werden.
Und das alles mit der Zustimmung Deutschlands. Das alles mit der Zustimmung der FDP, der SPD und den Grünen. Und auch wenn besonders die Grünen jetzt bigott wie immer Bauchschmerzen proklamieren und versuchen an einigen Stellschrauben der Reform noch was zu ändern. Von scheiß Bauchschmerzen kann sich niemand etwas kaufen. Am allerwenigsten Menschen, die auf der Suche nach Schutz eingeknastet werden. Shame on you Bundesregierung!

Von humanitärer Frage zu inneren Sicherheit

Nun agiert die EU sicher nicht naiv oder fatalistisch, sondern bewusst und taktisch. Die Linke ist in Europa stark in der Defensive, während sich gleichzeitig autoritäre und faschistische Strömungen etablieren. Die AFD verzeichnet ein bis dato nie erreichtes Hoch an Wähler*innenstimmen, dennoch oder gerade deshalb knickt die Bundesregierung mit der Entscheidung für die GEAS-Reform gegenüber rechts-autoritären Strömungen und individuellen Wahlkampf-Interessen ein. EU und Deutschland machen den Umgang mit Schutzsuchenden zu einer Gefahr für die innere Sicherheit, statt zu einer humanitären Verantwortung. Shame on you SPD!

Diese Bejahung von autoritären Maßnahmen spiegelt sich auch innenpolitisch wider. Die gesellschaftliche Stimmung wird nach rechts gekippt. Katastrophen- und Überforderungsmetaphern sorgen dafür, dass nationalistische Narrative bestätigt und rechte Stimmen erstarken. Dies bedeutet auch immer den Anstieg von rechter Gewalt. Es gab alleine in den letzten Monaten eine massive Zunahme rassistischer Übergriffe auf Geflüchtete und Unterkünfte. Doch die Politik setzt darauf, Antifaschist*innen zu kriminalisieren. Die Verurteilungen im Antifa-Ost-Prozess zeigten jüngst ganz deutlich, in welche Richtung eine ‚neue nationale Sicherheitsstrategie‘ gehen soll.

Auch andere Formen des Protests sind von Kriminalisierung betroffen. Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen, gelten als Bedrohung, sie werden kriminalisiert und inhaftiert. Dabei ist ganz klar, dass eine der größten Bedrohungen unserer Zeit die Klimakatastrophe ist. Es ist auch klar, dass die Konsequenzen besonders Menschen im globalen Süden treffen und dass dadurch noch mehr Menschen zur Flucht gezwungen werden.

Europa setzt jetzt schon ein klares Signal: Abschottung. Wer trotzdem kommt, begegnet gewaltsamer Abwehr. Das ist besonders zynisch in Anbetracht dessen, dass vor allem der westliche Teil Europas einer der Hauptverursacher der Klimakrise ist.

Für das Recht auf Asyl! Für das Recht auf Leben! Solidarität mit antirassistischen, klimagerechten und antifaschistischen Kämpfen!


Die Abschottung Europas, das Verhandeln mit diktatorischen Regimen oder der fehlende Wille, der Klimakrise ernsthaft zu begegnen machen deutlich: Macht- und Profitinteressen weniger, stehen über dem Interesse vieler. Kapitalistisches Wirtschaften braucht keine demokratische Grundlage. Geraten Profit- und Machtinteressen in die Kritik, werden diese mit autoritärer Hand trotzdem durchgesetzt. Wir sehen keinen Grund daran zu glauben, dass es in dieser Maximierungs- und Verwertungslogik einen Weg geben kann, der zu einem Leben in Freiheit und Würde für uns alle führt. Wir glauben aber daran, dass ein anderes Leben möglich ist. Auch wenn die Katastrophen, die Menschen und Klima bedrohen, immer größer werden.

Ihr baut Grenzen, wir reißen sie ein!

Die multiplen Krisen rufen ein Gefühl der Ohnmacht hervor, gleichzeitig scheint die Handlungsfähigkeit der radikalen Linken begrenzt. Unsere stärkste Waffe gegen die Ohnmacht ist der Widerstand. Lasst uns gemeinsam andere Wege finden, eine solidarische Welt aufzubauen. Abschottung, Gewalt und Ignoranz dürfen wir nicht stehen lassen. Erheben wir gemeinsam unsere Stimme gegen die menschenverachtenden Beschlüsse der EU und versuchen diese noch zu verhindern. Lasst uns gemeinsam solidarische Netzwerke bilden, Bürger*innenasyle schaffen und Menschen an den Grenzen unterstützen. Die visumsfreie Einreise Geflüchteter aus der Ukraine hat gezeigt, dass offene Grenzen und Bewegungsfreiheit funktionieren können. Emanzipatorische Projekte wie Rojava lassen uns sehen und hoffen, dass eine basisdemokratische, ökologische und feministische gemeinschaftliche Organisierung möglich ist.

Lasst uns zusammen starke Bande innerhalb der antirassistischen und antifaschistischen Bewegung knüpfen und uns gegen Repression und Rechtsruck wehren!
Für eine solidarische Gesellschaft!